Nachdem im November 2013 die Regierungskoalition ihr Rentenpaket bekanntgegeben hatte, erhob sich von der Arbeitgeberseite ein riesiges Geschrei: Das Paket sei rentenpolitscher Wahnsinn, Abkehr von der Agenda 2010, unfinanzierbar usw. An die Spitze des Protestes stellte sich der gerade inthronisierte Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände ( BDA) Ingo Kramer: „Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag bedeuten eine drastische Zusatzbelastung der Beitragszahler. Die in der Renten und Pflegeversicherung geplanten zusätzlichen Leistungen belaufen sich auf deutlich mehr als 20 Milliarden im Jahr 2030.“ Die Mütterrente „koste … jährlich 6,5 Milliarden Euro – mit steigender Tendenz bis zu 8 Milliarden Euro. Bis 2030 würde die zusätzliche Mütterrente insgesamt rund 130 Milliarden Euro kosten…(FAZ 29.11. 2013). Weiterlesen
Gesetzlicher Mindestlohn: Warum fordern wir 10 Euro statt 12 Euro?
Die Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken (IVG) stellt in ihrem Netzwerk-Info vom Ende April 2014 die Höhe des Mindestlohns in den Mittelpunkt der Kritik an den von der Bundesregierung beschlossenen 8,50 Euro. Sie fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro brutto (http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2014/04/infoextra_mindestlohn.pdf – Alle Zitate sind hier nachzulesen.).
„Statt 8,50 Euro für Wenige – 12 Euro für Alle – sofort!“ soll die neue Forderung heißen. 12 Euro für Alle? Auch für die, die jetzt mehr als zwölf Euro bekommen? Die Gewerkschaftslinke strebt vermutlich nicht die Senkung aller Löhne auf zwölf Euro an. Warum aber stellt sie dann eine neue Forderung auf, die genau so aufgefasst werden kann? Weiterlesen
„Mehr Alte, weniger Kinder – die Katastrophe droht!“
„Niedrige Geburtenraten und eine spürbar gestiegene Lebenserwartung bewirken, dass die Bevölkerung schrumpft und die Bevölkerung immer älter wird. Die Folgen für die Sozialsysteme sind drastisch.“ So wörtlich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände; in ihrem Schlepptau CDU/CSU, SPD, Medien, Bertelsmann-Stiftung, Wissenschaftler und teilweise auch der DGB.
Die Bevölkerungsentwicklung (Demografie) geht tatsächlich in diese Richtung. Dass sie aber drastische Folgen für die Sozialsysteme haben müsste, ist eine dreiste Lüge.
Steigende Lebenserwartung gibt es schon seit 150 Jahren
1913 lebten die Menschen in Deutschland durchschnittlich 50 Jahre, 1950 rund 65 und
2013 rund 80 Jahre. Die enorme Steigerung der Lebenserwartung ist ein gewaltiger Fortschritt. Der Rückgang der Säuglingssterblichkeit und mehr frei verfügbare Zeit ist ein Gewinn an Lebensqualität und keine Katastrophe. Die enorm gestiegene Produktivität und die Kämpfe der Lohnabhängigen machten es möglich.
Sinkende Geburtenraten gibt es ebenfalls schon seit 150 Jahren
Von 1871 bis 1913 fiel die Zahl der Geburten pro Frau von rund 4 auf 2,2 Kinder. Trotzdem gab es viele Jahre des wirtschaftlichen Aufschwungs und einen Anstieg der Bevölkerung um mehr als die Hälfte. Von 1950 bis 1975, in der Zeit des sogenannten Wirtschaftswunders, sank die Zahl der Geburten pro Frau von 2,1 auf 1,45 Kinder.
Weniger Kinder versorgen zu müssen, steigert die Lebensqualität für viele Familien, insbesondere für Frauen, und stellt keinesfalls eine Katastrophe dar.
Ein demografisches Gesetz, welches lautet: „Wer länger lebt und zu wenig Kinder produziert, verursacht Sozialabbau“, ist frei erfunden.
Die Arbeitgeber hetzen mit der Demografie-Lüge Junge gegen Alte auf …
Sie stellen die höhere Lebenserwartung als „Altenlast“ für die Jungen hin. Wenn ihre Eltern erst mit 67 bzw. 70 Jahren in Rente und Armutsrenten bekämen, könnten die Beiträge der Jungen in die Rentenkassen sinken und ihr Nettolohn dadurch steigen.
Das soll Generationengerechtigkeit zwischen Eltern und Kindern verwirklichen?
Was für ein Quatsch!
Die Jungen von heute sind die Alten von morgen. Sie möchten nicht trotz steigender Arbeitshetze bis 67 oder 70 arbeiten. Sie möchten genauso wenig Armutsrentner werden wie ihre Eltern. Sie werden es aber allein schon wegen des ausgedehnten Niedriglohnsektors. Und sie möchten auch nicht aus Niedriglöhnen noch private Vorsorgebeiträge an die Allianz AG zahlen, um ihre zukünftige Armutsrente aufzustocken.
… und Alte gegen Junge
Sie hämmern uns ein, dass Rentenzahlungen von der Zahl der Kinder abhingen. Keine oder zu wenig Kinder in die Welt zu setzen, soll die Ursache für sinkende Renten und späteren Rentenbezug sein?
Was für ein Quatsch!
Niedriglöhne, befristete Arbeitsplätze, Leiharbeit und immer flexiblere bzw. längere Arbeitszeiten gerade bei der jungen Generation durchsetzen und dann noch mehr Kinder verlangen – welch ein Zynismus! Wenn Kinder geboren werden, gibt es nicht einmal ausreichende Betreuungs- und Ausbildungsplätze.
„Kinder sind unsere Zukunft!“ Ja, aber in dieser Wirtschaftsordnung bleiben sie Privatvergnügen. Die Profitinteressen von Unternehmen fördern nicht das Leben mit Kindern, sie untergraben es.
Trotz steigender Lebenserwartung und niedriger Geburtenrate: wachsender Reichtum!
Das Bruttoinlandsprodukt stieg pro Kopf der Bevölkerung von 1975 bis 2012 von 8.940 auf 33.100 Euro! Doch dieser Reichtum wird von einer Minderheit privat angeeignet, die ihn als Kapital profitabel vermehren will. Das aber ist schwieriger als früher. Deshalb sollen abhängig Beschäftigte länger arbeiten und weniger verdienen (geringerer Bruttolohn). Deshalb die Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Rente von 1998 bis 2014 um 0,7 Prozentpunkte.
Die Senkung des Arbeitgeberbeitrags um einen Prozentpunkt bringt 13,6 Mrd. Euro mehr Profit. Steigende Lebenserwartung, mehr Alte und weniger Kinder, sind für sich genommen weder ein Grund für längere Lebensarbeitszeit noch für Rentenkürzungen. Es ist allein das Interesse an der Anhebung der Renditen, das nach Kürzung der Renten und Erhöhung des Renteneintrittsalters verlangt. Man steuert sogar auf die Rente mit 70 zu, dem Renteneintrittsalter der Arbeiter im Jahre 1889! Das ist eine Bankrotterklärung.
Die Verwertung von Kapital ist Selbstzweck. Sie ist rücksichtslos gegenüber Lebensbedürfnissen, seien es die von Kindern, Eltern oder Rentnern. Das ist die eigentliche Katastrophe. Nicht auf Grund des „Demografischen Wandels“, sondern auf Grund der privaten Profitinteressen der Eigentümer von Kapital sind die Sozialsysteme von einer Katastrophe bedroht. Die Demografie-Lüge wurde erfunden, um davon abzulenken und den Widerstand gegen Sozialabbau zu schwächen, an dem die Lohnabhängigen ja angeblich schuld sein sollen, da sie älter werden und zu wenig Kinder bekommen.
Je älter das Kapital wird, je länger es lebt, desto mehr droht es, an seinem riesenhaft aufgehäuften Reichtum zu ersticken. Es schlägt verzweifelt um sich und versucht, sich wieder Luft zu verschaffen, indem es die Lage derer verschlechtert, die mit ihrer Arbeit das Kapital vermehren. Das alternde Kapital ist unsere eigentliche „Altenlast“.
Höchste Zeit,
-
die Sozialversicherungspflicht für alle einzuführen,
-
die Beitragsbemessungsgrenzen aufzuheben,
-
die Deckelung der Rentenversicherungsbeiträge abzuschaffen!
Für eine Mindestrente von 1.050 brutto (lohnsteuerfrei)!
Für die Rente mit 60 statt mit 67 oder gar 70!
Immer gestresster, immer später und mit immer weniger Geld in Rente?
NEIN DANKE!
Rainer Roth: Nebensache Mensch
DVS, Frankfurt/M., Mai 2003. 600 Seiten. Preis 15 Euro. ISBN 3-932246-39-
endlich: Nebensache Mensch Im PortableDocumentFormat herunterzuladen | Bestellungen: über den Buchhandel oder DVS Schumannstr. 51 60325 Frankfurt, Tel./Fax 069 / 74 01 69, e-mail: d.v.s@t-online.de |
Täglich werden die Arbeitslosen und auch die Beschäftigten beschuldigt, an der Arbeitslosigkeit schuld zu sein.
- Wollen Sie sich umfassend und leicht verständlich über das Thema Arbeitslosigkeit informieren?
- Wollen Sie wissen, wer oder was wirklich für Arbeitslosigkeit verantwortlich ist?
Dann ist das Buch von Rainer Roth für Sie unverzichtbar.
Inhalt:
Im ersten Teil des Buchs belegt Roth, dass weder das Alter noch die Jugend, weder zu hohe Löhne noch zu hohe Sozialhilfe, weder mangelnde Qualifikation noch die Ausländer an der steigenden Arbeitslosigkeit schuld sind. Weiterlesen
Rainer Roth: Das Kartenhaus
© DVS Digitaler Vervielfältigungs- und VerlagsService
2., aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main, Oktober 1999
Umschlaggestaltung: Klemens Gresch
ISBN 3-932246-20-9
Bestellungen: vergriffen!
als pdf herunterladen (2,7 MB)
Vorwort
Um die Staatsschulden zu bewältigen, müsse alles auf den Prüfstand. Es dürfe keine Tabus geben. So hört man Vertreter der Banken und Konzerne und Politiker auch nach dem Regierungswechsel reden.
Das ist richtig. Es darf vor allem keine Tabus in Form der „Heiligsprechung der Profitlogik“ (Hickel 1998, 54) und ihrer Auswirkungen auf die Staatsfinanzen geben.
Die Vertreter der Wirtschaft suchen bei jedem die Ursachen der Staatsverschuldung, nur nicht bei sich selbst. Sie suchen sie auf Kosten aller zu lösen, nur nicht auf ihre Kosten. Sie wollen alles auf den Prüfstand stellen, nur nicht sich selbst.
Das vorliegende Buch stellt die Profitlogik auf den Prüfstand.
Die vorherrschenden Erklärungen der Staatsverschuldung werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Sie reißen häufig Zusammenhänge auseinander, um sie nach jeweiligen Sonderinteressen zurechtzubiegen. Deshalb werden die Probleme meist nicht zu Ende durchdacht.
Uns geht es im Gegensatz dazu nicht darum, Beweise für vorgefertigte Denkschablonen und Interessen zu suchen. Es geht darum, die realen Verhältnisse schonungslos zu untersuchen und die den Erscheinungen zugrundeliegenden Gesetze wissenschaftlich zu analysieren.
Nur daraus sind praktische Möglichkeiten abzuleiten, die das Problem nicht noch verschlimmern, das sie angeblich lösen wollen.
Das Buch ist Ergebnis zahlreicher Vorträge und Ausarbeitungen der letzten Jahre. Dennoch ist es nur eine relative Annäherung an die Wirklichkeit.
Da die Entwicklungen sehr komplex sind, waren Vereinfachungen und Abstraktionen notwendig.
Die Zeit, es zu schreiben, war äußerst kurz.
Die Analyse des Themas ist von daher noch nicht ausgereift.
Die zweite Auflage ist leicht überarbeitet. Die Tabellen sind aktualisiert. Das Buch ist vor dem Regierungswechsel geschrieben worden. Seine Grundaussagen treffen auch auf die neue Regierung zu.
Für Meinungsäußerungen und Anregungen bin ich sehr dankbar, zumal geplant ist, das Buch in gewissen Zeitabständen zu überarbeiten und zu aktualisieren.
Ich möchte all denen danken, die mich beim Schreiben ermutigt haben und allen, die mich in dieser Zeit trotz allem ertragen konnten.
Frankfurt, im August 1999 Rainer Roth
Der Autor:
Rainer Roth war Professor für Sozialwissenschaften an der FH Frankfurt.
Veröffentlichung zahlreicher Leitfäden für Sozialhilfe; Bücher über Armut und über die Krise der Staatsfinanzen.
Seit vielen Jahren Teilnahme an den Bewegungen von Sozialhilfebezieher-Innen, Arbeitslosen und Lohnabhängigen gegen Sozialabbau.
Vorsitzender von KLARtext e.V.; ehemaliger Mitherausgeber der Arbeitslosenzeitung Quer.
Inhalt:
1. Einleitung
Das Problem Staatsverschuldung und die gängigen Erklärungen…………..8
A Logik des Kapitals als Ursache der Staatsverschuldung
2.1 Langfristiger Fall der Profitraten – durch Investitionen
2.2 – durch sinkende Nachfrage nach Arbeitskraft
2.3 Tendenz zu sinkenden Investitionen
2.4 Folge langfristig fallender Profitraten – Kapitalüberschuss als Basis des Rentnerkapitalismus
2.5 Staatliche Reaktion auf fallende Profitraten – sinkende Gewinnsteuern und höhere Subventionen
2.6 Profitratensubventionen – Hauptursache der Staatsverschuldung
2.7 Staatliche Profitratensubventionen – Subvention des privaten Kapitalüberschusses
2.8 Staatsverschuldung – Motor der Nachfrage und des Wachstums
3.1 Sozialausgaben – Hauptursache der Staatsverschuldung?
3.2 Sozialleistungen als Lohnsubventionen
3.3 Allgemeine staatliche Lohnkostenzuschüsse
3.4 Sozialabbau z u r Refinanzierung der Profitratensubventionen
3.5 Lohnsteuer- und Mehrwertsteuererhöhungen zur Refinanzierung von Profitratensubventionen
4.1 Zusammenfassung
Ökonomische Ursachen der Staatsverschuldung
4.2 Zusammenfassung
Illusionen der Politiker und Marktillusionen
B Logik des Geldkapitals als Ursache der Staatsverschuldung
5.1 Schuldendienst (Zins und Tilgung)
als eigene Quelle der Staatsverschuldung
5.2 Tendenzieller Fall der Bankrenditen
als Ursache der Staatsverschuldung
5.3 Förderung der Aktienspekulation
als Ursache der Staatsverschuldung
5.4 Privatisierung von Staatsbetrieben: Subventionierung privater Profitraten
durch höhere Staatsverschuldung
C Privatinteressen im Staatsapparat
als Ursache der Staatsverschuldung
6.1 Selbstbedienung der politischen Klasse und der Parteien
6.2 Privatinteressen der Parteien – Parlamentarische Demokratie
als Ursache der Staatsverschuldung
6.3 Komplizierte Gesetze
– Ausdruck von komplizierten Privatinteressen
6.4 Ausdehnung der Staatsbehörden als Ursache der Staatsverschuldung
6.5 Öffentliche Verschwendung und private Interessen
6.6 Staatsverschuldung – Ergebnis von Gesetzesbrüchen?
D Internationalisierung (Globalisierung)
als Ursache der Staatsverschuldung
7.1 Gefahr einer Weltwirtschaftskrise
7.2 Internationale Anlage des Kapitalüberschusses – Direktinvestitionen und Staatsverschuldung
7.3 Internationale Anlage des Kapitalüberschusses – Aktien- und Kreditspekulation
7.4 Warenüberschuss und Warenexport
7.5 Globaler Rentnerkapitalismus
7.6 Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
7.7 Deutsche Vereinigung und Staatsverschuldung
E Vom Keynesianismus zum Neoliberalismus
8.1 Über den Keynesianismus
8.2 Über den Neoliberalismus
F Ausblick
9.1 Das Problem Staatsverschuldung und die gängigen Lösungen
9.2 Private und staatliche Interessen
9.3 Allgemeininteresse – Interesse der Lohnabhängigen
Anhang
Schröders Sparpaket: Gewinner ist das Kapital
Begriffe
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Links zu Rezensionen:
http://www.ainfos.ca/99/jul/ainfos00127.html
http://www.bahnhof-langendreer.de
http://www.dkp-giessen.de/buecher/kartenhaus.html
http://www.fdj.de/pdf/Karten.pdf
http://www.gew-unterfranken.de/themen/karthaus.htm
http://www.gruenezeitung.de/bude/buch/poli/roth_kartenhaus.html
http://www.labournet.de/diskussion/wipo/leichtroth.html