Foto KLARtext: Goldene Hängematte für Arbeitslose – KLARtext-Aktion vor dem hessischen Landtag 1993
Gegenwärtig erleben wir mal wieder eine Kampagne gegen „die faulen Armen“. Das Bürgergeld ist im Visier. Es wird behauptet, viele Erwerbstätige wollten nicht mehr arbeiten. Sie hingen lieber in der Hängematte des Bürgergeldes ab und peppten ihr Einkommen eventuell noch durch Schwarzarbeit auf. Grund dafür: Das Bürgergeld sei zu hoch und der Abstand zwischen dem Arbeitslohn und dem Bürgergeld stimme nicht mehr. Das Lohnabstandsgebot sei verletzt.
Einen Auftakt zu der Kampagne in der Presse bildete ein Artikel von Dietrich Creutzberg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14. September. Darin wird eine Vergleichsrechnung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft wiedergegeben zwischen dem Anspruch auf Bürgergeld für eine Familie mit zwei heranwachsenden Kindern und einer gleich großen Familie, die von dem Mindestlohn von 12 Euro bei einer Arbeitswoche von 38,5 Stunden lebt.
Die Bürgergeldfamilie erhält danach als Regelentgelt 1.742 Euro. Dazu 1.190 Euro Miet- und Heizkosten in Hamburg für eine Wohnung mit 95 m². Zusammen also 2.932 Euro.
Der Erwerbstätige bekommt 1.585 Euro netto aus dem Arbeitslohn. Kindergeld sind 500 Euro. Als Wohngeld erhält er 793 Euro Mietzuschuss. Insgesamt ergibt das 2.878 Euro, also 54 Euro weniger als der Bezieher von Bürgergeld. Dann behauptet Creutzberg, der Erwerbstätige habe Anspruch auf aufstockendes Bürgergeld. Damit erhielte er zwar ein um 378 Euro höheres Gesamteinkommen als der Bürgergeldhaushalt, das sei aber, so folgert Creutzberg, als „Arbeitsanreiz“ zu wenig. Die Menschen flüchteten lieber in das Bürgergeld. Zur Festigung dieser These liefert die FAZ nun regelmäßig dubiose Berichte von Unternehmern, die diese These aus „eigener Erfahrung“ untermauern sollen.
Die Zahlen von Creutzberg sind in zwei Punkten zu kritisieren:
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