Die Stimmung ist aufgeheizt. Zwischen den Lagern der Befürworter der staatlichen Pandemie-Politik und den Kritikern ist ein tiefer Graben aufgebrochen. In der Frage der Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht stehen sie sich feindlich gegenüber. Die Argumente handeln nicht hauptsächlich von der Sache. Von der einen Seite werden die Demokratie und die Verfassung in Frage gestellt, während die andere Seite glaubt, den Staat vor Faschisten schützen zu müssen. Übertreibung und hysterische Stimmungsmache ist an der Tagesordnung. Die folgende Darstellung versucht, zu einer nüchternen Betrachtung der Pandemie-Politik beizutragen.
Von TOBIAS WEIßERT | zuerst veröffentlicht auf „Hintergrund – Das Nachrichtenmagazin„
Der Politik zur Beherrschung der Covid-19 Pandemie liegt die Strategie der maximalen Angsterzeugung zugrunde (Schockstrategie). Ausgehend von den extremen Zahlen des Imperial College London, das 40 Millionen Tote voraussagte, [1] wurde von den Regierenden der Krieg gegen die Viren erklärt. Auch die deutschen „Experten“ machten sich das Katastrophen-Szenario zu eigen und prognostizierten für die ersten Monate der Krise massive Todeszahlen im sechsstelligen Bereich – je nach Vorgaben für die Prognose. [2] Daraus folgt, dass kriegrechtsähnliche Maßnahmen zur Abwehr dieser exorbitanten Gefahr als unvermeidlich und rational (wissenschaftlich) geboten dargestellt wurden. Politik und Medien erschienen fortan nahezu gleichgeschaltet in dem gemeinsamen Auftrag, fortlaufend Angst zu schüren und zu vertiefen. Zweifel an der Angstmache galten als defätistisch.
Die Strategie der Angst ging auf und zeitigte erschreckende Wirkung. Das zivile Leben konnte massiv eingeschränkt werden, ohne dass sich starker Widerstand erhob. Grundrechte wurden in einem Umfang ausgehebelt, wie nie zuvor in der Geschichte der BRD. Die Macht der Exekutive gegenüber den anderen Verfassungsorganen stieg gewaltig. Die Legislative erschien nur noch als Akklamationsorgan.
Dass die fortwährende Isolation vieler Menschen, das Verbot sich frei zu bewegen und das Beschäftigungsverbot für ganze Berufszweige von der großen Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert und aktiv mitgetragen wurde, ist Ergebnis der Angst. Viele Menschen befanden und befinden sich noch im Angstschock. Eine rationale Beurteilung der Lage auf Angemessenheit, Notwendigkeit, Rechtmäßigkeit und zugrunde liegendepartielle Interessen konnte so nur noch schwer erfolgen. Angst lähmt das Denken. Insofern ist die Angststrategie das bisher größte massenpsychologische Experiment in der neueren Geschichte. Und leider erfolgreich.
Besonders versagt hat der Teil der Bevölkerung, der sich gerne selbst als aufgeklärt bezeichnet und links verortet. Auch diese Menschen sind vielfach der Angsterzählung und Angsterzeugung erlegen und haben sich widerstandslos der Regierungspolitik untergeordnet. Um nicht ganz in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden und eine eigene Rolle in der „Pandemie“ zu spielen, haben sich viele von ihnen zu den besten Gesundheitsschützern der Nation aufgeschwungen. Sie haben die bürgerliche Regierung energisch kritisiert, dass sie zu lasche Gesetze und Regeln verordne und damit die „Massen“ nur unzureichend vor der gewaltigen Gefahr schütze. Konsequenz daraus war die Forderung nach einer gemeinsamen europäischen Zero(Null)-Covid-Politik.
Das Virus ausrotten zu wollen, ist eine schon fast größenwahnsinnige Variante der Pandemie-Bekämpfung. Die Null-Covid-Forderung wurde selbst von unserer repressiven Regierung nicht erfüllt, aber ein anderes „Geschenk“ der „Linken“ wurde von den Regierungsparteien dankbar aufgegriffen. Die Linke war es, die sich der zuerst kleinen und zaghaften Kritik der Straße energisch entgegensetzte und sie von Anfang an als faschistisch und antisemitisch bezeichnete. Damit gab sie der bürgerlichen Politik und den bürgerlichen Medien die Steilvorlage, wie der wachsenden Protestbewegung in diffamierendster Weise zu begegnen sei.
Von nun an galt: wer protestiert steht unter dem Einfluss faschistischer Kräfte. Das übertreibt den Einfluss von Faschisten auf die immer breiter werdende Protestbewegung massiv, lässt aber gleichzeitig deren Einflussnahme ungehindert zu, da diese „Linke“ sich den Faschisten nicht inhaltlich entgegenstellt, sondern sich der Aufklärung versagt. Dagegen gefällt sie sich in dubiosen breiten Bündnissen auch mit den offensten Vertretern des Monopolkapitals zur angeblichen Verteidigung „unserer“ Demokratie gegen die rechte Gefahr. So ist diese „Linke“ selbst nach rechts hin offen.
Mit fortwährender Dauer der offenen und verdeckten Lockdown-Maßnahmen wächst in Teilen der Bevölkerung der Unmut über die Pandemie-Politik. Vor allem die geplante Gesetzgebung zur allgemeinen Impflicht hat zu einer breiten Abwehrbewegung geführt. Selbst im kleinstädtischen und ländlichen Raum zeigt sich eine breite Bereitschaft, dagegen auf die Straße zu gehen. Für viele der dort engagierten Menschen ist es die erste Erfahrung mit Demonstrationen. Um so wichtiger ist es, dass die Losungen, unter denen protestiert wird, sachlich klar begründet und realistisch sind. Daran mangelt es aber.
Illusionen der Protestbewegung
Die verbreitetste Losung ist: „Friede – Freiheit – Selbstbestimmung.“ Unter dieser Losung könnte man ohne weiteres mit Friedrich Merz, Olaf Scholz, Markus Söder, Annalena Baerbock und Christian Lindner und ihren Parteien zusammenarbeiten, wenn ihnen in der Protestbewegung nicht oft der Vorwurf des Verfassungsbruchs gemacht würde.
Das Grundgesetz sei ausgehebelt worden und es gelte fortan ein Notstandsregime. Dagegen, so wird argumentiert, gelte das Notrecht auf Widerstand. Die Losung soll also ausdrücken, dass der alte Rechtszustand wiederhergestellt werden muss, weil er von der Regierung und den Parlamentariern irreparabel verletzt worden sei.
Die Analyse übersieht, dass über das verfassungsgemäße Handeln der Staatsorgane laut Artikel 93 des Grundgesetzes ausschließlich das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Das Verfassungsgericht hat die Corona – Maßnahmen jedoch als verfassungskonform gebilligt. Das ist nicht verwunderlich. Die bürgerliche Demokratie ist eine Form der Herrschaft der Kapitalistenklasse über die arbeitende Bevölkerung. Sie dient dazu, die Geschäfte der größten und einflussreichsten Kapitalgruppen im Land zu sichern. Die Corona-Maßnahmen widersprechen diesen Interessen nicht, sondern nützen dem großen Kapital insgesamt. Deswegen kann das Verfassungsgericht keine Rechtsverletzung erkennen. Es macht sich die Auffassung der Regierung zu eigen, die den Lobbyinteressen dient, in diesem Fall am sichtbarsten der Pharmaindustrie.
Es ist leicht einsehbar, dass Menschen, die dazu erzogen worden sind, an die wunderbare Macht der bürgerlichen Demokratie zu glauben, von dem laxen Umgang der Regierung mit grundlegenden Verfassungsrechten zutiefst enttäuscht sind. In ihrer Losung „Friede – Freiheit – Selbstbestimmung“ kommt eine unbestimmte Sehnsucht nach echter Demokratie, die den Interessen der arbeitenden Mehrheit dient, zum Ausdruck. Völlig illusionär wird das aber, wenn man glaubt, man könne alle Politiker und Politikerinnen absetzen, zur Rechenschaft ziehen und gleichzeitig eine neue verfassunggebende Versammlung einberufen, die eine echt demokratische Gesellschaftsform gestaltet.
Die AfD und die Proteste
Die AfD hat sich die Losung Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung zu eigen gemacht, obwohl die propagierten Werte nur für „Ur-Deutsche“, nicht aber für Menschen anderer Nationalität gelten sollen. Die AfD ist auch grundsätzlich nicht für eine parlamentarische bürgerliche Demokratie, sondern für eine autoritär von oben gelenkte Volksgemeinschaftsordnung, die die das „deutsche Kapital“ im angeblich nationalen Interesse fördern und im internationalen Wettbewerb stärken will. Ökonomisch ist die AfD eine neoliberale Partei mit dem Markenzeichen „Deutschland zuerst“ und einem eingefleischten Fremdenhass. Das rückt sie nah an die NPD heran. Die AfD ist keine nationalsozialistische Partei, obwohl diese Kräfte stark in ihr mitmischen.
Die AfD trat anfänglich für eine scharfe Shutdown-Politik ein. Die Bundesregierung war ihr zu zögerlich. In der zweiten Märzhälfte 2020 forderte sie ein 5-Punkte-Sofortprogramm zu Corona-Eindämmung. Von Anfang an war dabei auch immer der rassistische Charakter sichtbar. Der Bundestagsabgeordnete der AfD Christian Wirth schlug vor, die freigewordenen Kapazitäten im Flugverkehr für Massenabschiebungen zu verwenden. Die Flugzeuge könnten „für eine schnelle und effektive Rückführung der rund 250.000 ausreisepflichtigen Migranten in Deutschland genutzt werden“. [4]
Erst als in den sozialen Netzwerken der Unmut über die Lockdown-Politik deutlich hörbar wurde und die ersten Demonstrationen begannen, änderte die AfD ihre Taktik und begann, sich in Sprache und Parolen der beginnenden Bewegung anzupassen. Auch heute ist ihr Einfluss nach außen wenig sichtbar. Auf den Demonstrationen in Frankfurt ist sie offiziell kaum wahrzunehmen. Deutschlandfahnen halten sich in Grenzen und offen nazistische Symbole sind gar nicht zu sehen. Dennoch ist ein Einfluss der AfD und anderer extremer Rechter nicht zu unterschätzen. Das Gerede von den unfähigen Systempolitikern und den Gerichten, vor denen sie zur Rechenschaft gezogen werden sollen, entspricht dem Nazi-Jargon der Zwanziger Jahre. Kennzeichnend ist auch, dass nie das Kapital angegriffen wird, sondern immer nur die Politik. Der Klassencharakter der Politik kommt nicht zur Sprache. Auch das Gerede „wir sind nicht links-wir sind nicht rechts“ und die Vokabel „quer“ sind Formulierungen, hinter denen sich Rechte verstecken können. Dabei bedienen sie sich der Illusion, die bei den Demonstranten weit verbreitet ist, dass es eine Gesellschaft ohne Klasseninteressen geben könne. Dieser Wunsch nach Überwindung klassengesetzter Schranken kommt in dem Wörtchen „quer“ zum Ausdruck, den Rechte gern verwenden, um ihren Einfluss zu vergrößern. Indikatoren für rechte Strömungen in den Demonstrationen sind Deutschlandfahnen und der Aufruf, nationale Flaggen zu zeigen, die Parole: “Wir sind das Volk“ und das Singen der Nationalhymne. Diese Symbolik hat mit dem Anliegen der Demonstrationen, die gesetzliche Impfpflicht zu verhindern, nichts zu tun. Die Emotionalisierung auf dieser Grundlage ist Ausdruck rechten Einflusses.
AfD und Neo-Nazis bestimmen das Erscheinungsbild der Demonstrationen nicht, aber als organisierte Kraft mit viel Geld und und einem starken Apparat sind sie in der Lage, im Hintergrund ihren Einfluss zu vergrößern. Das könnte ihnen auch deswegen gelingen, weil andere Kräfte wie z.B „linke“ Organisationen oder Gewerkschaften in den Demonstranten nur Feinde erkennen, die sozusagen aus sich heraus schon Opfer und Anhänger des Faschismus sein müssten.
Dabei gibt es genug Gründe zu demonstrieren. Die staatliche Pandemiepolitik ist zutiefst verlogen und bürdet vielen Menschen schwere soziale, materielle und psychische Opfer auf. Es ist eher verwunderlich, dass nicht noch mehr Menschen auf die Straße gehen. Aber es spricht für die Redlichkeit und Friedfertigkeit der meisten Demonstranten, dass die Rechten genötigt sind, sich der allgemeinen Stimmung unterzuordnen und nur weitgehend unerkannt mitzuwirken. Die Demonstranten pauschal als Nazis zu beschimpfen, ist politisch instinktlos und analytisch absolut falsch. Die hassartigen Züge, die die Ablehnung der Demonstrationsteilnehmer prägt, zeigen einen demagogischen und hysterischen Charakter.
Wer demonstriert?
Dabei ist besonders interessant, einen Blick auf die soziale Zusammensetzung der Demonstrationen zu werfen. Die teilnehmende Beobachtung der Samstagdemonstrationen in Frankfurt vermittelt den Eindruck, dass sie vorwiegend aus dem Spektrum kleiner Selbständiger und der unteren Schichten der abhängig Beschäftigten entstammen. Viele sind in gesundheitlichen und sozialen Diensten beschäftigt, aber auch in der Gastronomie und im Kulturbereich. Es scheint eine Bewegung der unteren Mittelschicht und der unteren Schichten der Arbeitnehmer zu sein, verbunden mit Menschen, die von Sozialtransfers leben. Dieser Eindruck stimmt nicht mit der Analyse überein die ein Forschungsteam der Uni Basel über die Zusammensetzung der Corona-Proteste gefunden hat.[5] Deren Studienleiter Oliver Nachtwey sprach zusammenfassend davon, dass es sich – zumindest 2020 – soziostrukturell um eine Bewegung handele, die durchaus qualifiziert, mitunter sogar hochqualifiziert sei. [6]
Die „Gegendemonstranten“, die sich zur Verteidigung der bürgerlichen Demokratie zusammenschließen und das gemeinsame Ziel verfolgen, diese Demonstrationen zu unterbinden, scheinen dagegen stark vom gehobenen sozialen Niveau akademischer Berufe bestimmt. Der Anteil junger in akademischer Ausbildung befindlicher Intellektueller scheint groß. Dieser Schicht haben sich Vertreter der bürgerlichen Parteien und die Funktionärselite der Gewerkschaften angeschlossen, die vorgibt für die Facharbeiter zu sprechen, die selbst kaum in Bewegungen vertreten sind.
So ist in Demonstrationen und Gegendemonstrationen auch eine soziale Spaltung sichtbar, die sich zwischen der oberen Schicht der Arbeitnehmer und der unteren Schicht gebildet hat. Die untere Schicht befindet sich oft in einem Dienstleistungsverhältnis zur oberen Schicht, sei es in der Pflege, der Gastronomie, des Vertriebs von Waren u. a. und wird deutlich schlechter bezahlt – auch in direkten Vertragsverhältnissen mit besser gestellten Arbeitnehmern. Die Oberschicht der Arbeitnehmerschaft ist mit ihrer sozialen Lage und damit mit der Gesellschaft zufrieden, während sich in der Unterschicht das Gefühl der Ausgeschlossenheit breit macht. Diese Konfliktlinie konnte man auch schon in Frankreich bei den Protesten der Gelbwesten beobachten. Auch diese wurden von linksliberalen Intellektuellen und von Gewerkschaftsführern als faschistoid gebrandmarkt. Die Spaltung der abhängig Beschäftigen aber dient dem großen Kapital.
Der hysterische Charakter der Auseinandersetzung besteht auf der einen Seite in der Meinung, dass wir schon das Ende der Demokratie und den Übergang zum Faschismus haben und deswegen die Demokratie wiederherstellen müssten. Auf der anderen Seite wird die Auffassung vertreten, die Protestbewegung sei derart faschistoid, dass man nun die Demokratie vor dem Faschismus retten müsste. Dabei wird übersehen, dass der Staat tatsächlich die Pandemie benutzt, die Überwachung durch Impfregister, elektronischen Gesundheitspass, Verfolgungs-Apps usw. voranzutreiben. Gleichzeitig wird mit Erlassen ohne gesetzliche Basis regiert, die Bürokratie wird gestärkt und Polizeibefugnisse werden erweitert. Der laxe Umgang mit Grundrechten selbst ist Beweis eines instrumentellen und bürokratischen Verständnisses von Macht, das der bürgerlichen Politik zugrunde liegt. Insofern hat die Protestbewegung, die sich auch Demokratiebewegung nennt, die Tendenz des Staates zur inneren Faschisierung besser begriffen als die die „Demokratie“ verteidigende Gegenbewegung. Und dennoch: Es gibt für “die Demokratiebewegung“ nicht den von ihr gesehenen Anlass: den Übergang zur offen diktatorischen Herrschaft.
Hysterie der Kritiker
Diese hysterische, die konkrete Situation verfälschende Stimmung wird auch gegenüber der Impfkampagne deutlich. Von einigen einflussreichen Kräften wird der Impfstoff als gefährliche biologische Waffe bezeichnet. Ziel des Einsatzes dieser Waffe sei die Bevölkerungsreduktion. Der Begriff „Genozid“ wird genannt. Das Leben von Milliarden Menschen sei gefährdet, so Vera Sharav in einer Rede:
„Wir befinden uns an einem katastrophalen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit. Die heutigen Täter haben eine injizierbare biologische Waffe entwickelt, die ein giftiges Spike-Protein und eine getarnte Überwachungstechnologie in den Körper einschleust.
Diese Waffe ermöglicht den Tätern, die Weltbevölkerung rund um die Uhr aus der Ferne zu kontrollieren. Wir müssen und entscheiden – ob wir ungehorsam sind und unsere Freiheit und unsere Rechte als Menschen einfordern oder ob wir versklavt werden wollen.“ [7]
Dieser Gedanke des Genozids durch Impfung und der Versklavung der Menschen wird stets in Zusammenhang mit dem „Great Reset“ (Schwab/Malleret) als dem geheimen Plan einer neuen Weltregierung der Multimilliardäre vorgebracht. Einer der Verbreiter dieser These ist der berüchtigte Herausgeber des Naziorgans Compact, Jürgen Elsässer.
Es gibt keinen Massenvernichtungsplan. Das entspricht nicht den Interessen kapitalistischer Herrschaft. Der Impfstoff ist für den Kapitalisten vor allem eine Ware, die ihm Profit einbringen soll. Dazu muss sie massenhaft zum Einsatz gebracht werden. Eine Ware, die zum Tode führt, hat für ihn geringen Nutzen, weil sie nicht auf Dauer zum Einsatz kommt und die Kunden dezimiert. Außerdem leidet die Bonität des herstellenden Unternehmens schwer. Bei aller sehr berechtigten Kritik an dem vorhandenen Impfstoff und seinen schweren Nebenwirkungen ist die Tötungsabsicht eine irrationale maßlose Übertreibung. Die Tatsachen zeigen viel eher, dass der gepriesene Impfstoff ein mangelhaftes Produkt ist, das den Zweck des Immunschutzes nur sehr unvollständig erfüllt. Es gehört schon angestrengtes Schönreden dazu, das fortwährende Impfen und gar eine gesetzliche Impflicht zu begründen.
Auch eine Weltregierung ist nicht in Sicht. Den Wunsch danach mag es geben. Aber eine von allen Staaten getragene Weltregierung ist im Kapitalismus unmöglich. Kapitalismus bedeutet Konkurrenz. Verschiedene Kapitalgruppen kämpfen auf der Grundlage nationaler und übernationaler Bündnisse um die Vorherrschaft. Das ist die Grundlage des Imperialismus, der der Menschheit schon zwei Weltkriege bescherte. Der Kapitalismus hat den Hang zum Monopol und jede Kapitalgruppe hat den Drang zur Alleinherrschaft. Aber weder das eine noch das andere ist möglich. Richtig ist, dass sowohl die monopolistischen Finanzgruppen größer werden als auch die imperialistischen Blöcke, die sich entgegenstehen. Die Gefahr eines dritten Weltkriegs, die sich daraus ergibt, ist immens. Deswegen ist die Forderung nach Frieden wirklich existentiell und sollte, tief in der Bevölkerung verankert, zu einer breiten Bewegung werden.
Diesem Ziel „Den Kriegstreibern in den Arm fallen“ widmet sich auch ein „neuer Krefelder Appell“ vom November 2021. [8] Die Initiatoren setzen sich angesichts des drohenden Kriegs gegen Russland das Ziel, die neue „Demokratiebewegung“ mit der „Friedensbewegung“ zu verbinden. Nachdem sie im ersten Absatz die Kriegsgefahr bis hin zum Atomkrieg und ihre Haupttreiber benannt haben, schreiben sie im zweiten:
„Aber die Machthaber dieser Welt führen Kriege auch an neuen, andersartigen Fronten. Unter dem Deckmantel der Pandemie-Bekämpfung wird das Leben von Milliarden Menschen gefährdet. Das betrifft vor allem Länder der sogenannten ,Dritten Welt‘. Allein in Indien hat der Lockdown nach Angaben der ,World Doctors Alliance‘ Millionen Menschenleben gekostet. Eine noch größere Gefahr geht von der ,Impf‘-Kampagne aus – für Milliarden von Menschen. Dahinter steht die Strategie des ,Great Reset‘ des Forums der Superreichen, das sich ,Weltwirtschaftsforum‘ nennt, mit dem der Kapitalismus über einen gezielten Zusammenbruch und einen ,Neustart‘ auf eine noch perversere Stufe gehoben werden soll – unter weitergehender Verletzung der bürgerlichen Rechte, der Menschenrechte und des Völkerrechts – d.h. mit weniger Rechten und mehr Überwachung für den überwiegenden Teil der Menschheit.“ [8]
Der letzte Weltkrieg forderte 56 Millionen Todesopfer. Im „Krieg“ (Macron) des Virus gegen die Menschheit wurden 40 Millionen Todesopfer veranschlagt. Das kritisieren wir als hysterische Angsterzeugung. Der „Neue Krefelder Appell“ steigert noch die Hysterie. Auch er redet wie unsere führenden Staatslenker von Krieg, diesmal vom Impfkrieg. In ihm seien Milliarden Menschen an Leib und Leben gefährdet. Damit bedient er sich der gleichen Methode der herrschenden Politiker: Irrationale Angsterzeugung durch maßlose Behauptungen.
Es ist unmoralisch und schlimm, die Folgen von Sars-CoV-2 für Leben und Gesundheit von Menschen mit den abscheulichen Gräueln des wirklichen Krieges vergleichen zu wollen. Wenn wir uns die Lage der Menschen in Syrien, Libyen, im Irak und in den Füchtlingslagern anschauen, sehen wir für uns unvorstellbares Leid und Elend. Wir sagen zurecht, dass Kriegstreiber in feinen Anzügen und gekühlten Büros Verbrecher sind. Wir wissen, dass ein neuer Weltkrieg mit modernster Zerstörungstechnologie bis hin zu Atomwaffen unvorstellbares Elend über die Menschheit bringen würde. Wir erleben gerade, wie leichtfertig unsere StaatslenkerInnen mit der Möglichkeit dieses Krieges operieren. Wie kann man angesichts dessen ernsthaft vom „Krieg gegen Viren“ auf der einen Seite, und vom „Krieg der Pharmaindustrie“ gegen die Menschheit auf der anderen reden. Diese Metaphorik ist nicht dazu angetan, die reale Gefahr des wirklichen Krieges klar zu machen. Der wirkliche Krieg wird verniedlicht.
Auch politisch ist der Krefelder Appell falsch. Er bezweckt mit dem Zusammenschluss der „Demokratiebewegung“ mit der Friedensbewegung eine breite Basis des Protestes zu schaffen. Es gibt lange und traditionell eine Friedensbewegung. Leider befinden sich die meisten ihrer Repräsentanten gegenwärtig auf der Seite der staatstragenden Impfbefürworter. In der Frage des Friedens sind sie aber weiter Opposition. Soll man mit ihnen aber in der Frage des Friedens nicht weiter zusammengehen können? Der „neue Krefelder Appell“ macht das unmöglich, weil er für das Zusammengehen Übereinstimmung in einer anderen Sache verlangt, die von sehr vielen nicht akzeptiert wird. Dadurch spaltet der „neue Krefelder Appell“ die Friedensbewegung objektiv.
Der „neue Krefelder Appell“ akzeptiert den Begriff “Krieg“ in Zusammenhang mit der Pandemie-Politik und verstärkt ihn noch, indem er von “Genozid“ redet und stellt sich so als Pendant zur der offiziellen Anti-Viren-Kriegspolitik dar. Wie dieser ist er hysterisch, alarmistisch, Katastrophen beschwörend. Wenn dann noch christliche Stimmen dazu kommen, die die Apokalypse beschwören, haben wir ein jeden Verstand verwirrendes Tohuwabohu.
Analyse der Tatsachen
Dem kann nur mit der nüchternen Analyse der bekannten Tatsachen begegnet werden:
1. Das Todesszenario hat sich nicht bewahrheitet. Corona ist eine ernste Krankheit, aber im Bereich einer schweren Influenza-Epidemie. Wenn man unterstellt, dass durch die Zählweise „an und mit Corona gestorben“ die gezählten Toten verdoppelt wurden, nähern sich die Zahlen einer sehr schweren Influenza-Saison an. Besonders betroffen waren und sind die älteren Menschen. Sie besonders zu schützen ist notwendig. Deswegen sind nicht alle Schutzmaßnahmen zu verwerfen. Eine große Übersterblichkeit, bezogen auf die gesamte Gesellschaft, gab es nicht. Auch die Krankenhäuser und Intensivstationen waren nie am Limit.
2. Die Lockdown-Politik war völlig überzogen. Sie hat auch nicht bewirkt, dass sich die Mortalität in Grenzen hielt, wie jetzt oft gerne behauptet. Deswegen bleibt der Verweis auf Schweden enorm wichtig. [9] Schweden hat eine Mortalität, die nah an unserer liegt, obwohl Schweden auf strenge Lockdown-Maßnahmen verzichtete. Gegenüber Spanien, Italien, Frankreich, Ländern mit sehr harten Lockdown – Maßnahmen, kam die schwedische Bevölkerung besser durch die Pandemie. Deren Mortalität ist deutlich höher. Das mag natürlich auch andere Gründe haben, beweist aber, dass die Lockdown-Politik die Mortalität nicht entscheidend eingegrenzt hat.
3. Es ist an der Zeit nüchtern Bilanz zu ziehen, welche negativen Folgen die Lockdown-Politik hatte. Ausgehend von den offiziellen Zahlen, ist aufzuzeigen, welche Schädigungen an Leib und Leben die Impfungen hervorbrachten, wobei jetzt schon gesagt werden kann, dass die neuen Impfstoffe weit mehr negative Folgen hatten als alle bisherigen Impfstoffe gegen Atemwegserkrankungen. [10]
Es ist zu zeigen, wie viele schwere Schäden die Aufschiebung von Arzt- und Klinikbesuchen aufgrund der allgemeinen Angsterzeugung und die daraus folgenden Verschiebungen dringender Behandlungen und Operationen hatte.
Es ist zu zeigen, welche Folgen die Corona-Politik für die Psyche der Bevölkerung hatte. Das zeigte sich deutlich in der Zunahme von Depressionen, Burn-out-Symptomen, von Selbsttötungen und verstärkter Nachfrage nach psychotherapeutischer Hilfe. Besonders ist zu untersuchen, welche Folgen die Schulschließungen für Kinder hatten.
Es ist zu zeigen, welche Folgen die weltweite Corona-Hysterie für die Menschen ärmerer Länder hatte. Oxfam und andere haben schon früh darauf hingewiesen, dass gut 120 Millionen Menschen infolge der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie an den Rand des Verhungerns gebracht werden könnten und dass die Zahl der an Hunger Sterbenden täglich 12.000 erreichen könnte. Damit überstiege die Zahl der an Hunger Gestorbenen die Zahl der an und mit Corona Gestorbenen bei weitem.
4. Es ist zu zeigen, welche negative Folgen die Corona-Politik für die Weltwirtschaft zeitigte. Die Gesamtverschuldung des deutschen Staates ist abzuschätzen und die Folgen für die Sozialpolitik sind zu benennen. Auch die internationale zunehmende Verschuldung ist aufzuzeigen und darin besonders die sich weiter vertiefende Kluft zwischen der Reichen und armen Ländern.
5. Es ist zu zeigen, dass Corona weltweit eine Krankheit der Armen ist. Armut, Mangelernährung, miserable Wohnverhältnisse zusammen mit schlechter oder fast ausbleibender medizinischer Versorgung bilden das Einfallstor jeder Pandemie.
6. Zu zeigen ist zuletzt, wer die ökonomischen Gewinner der Krise sind und welche Tendenzen der kapitalistischen Entwicklung sich durch die Krise beschleunigt durchsetzen.
Die Corona-Politik wird uns noch lange beschäftigen. Nehmen wir die Aufgaben wahr. Für Spekulationen und Spinnereien haben wir keine Zeit. Überzeugen können nur Fakten.
Endnoten
[1] https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/krankheiten-studie-ohne-gegenmassnahmen-global-40-millionen-corona-tote-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200327-99-494039
[2] https://fragdenstaat.de/blog/2020/04/01/strategiepapier-des-innenministeriums-corona-szenarien/
[3] https://www.afd.de/corona-krise-afd-legt-5-punkte-sofortgrogramm-vor/
[4] https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2020/Corona-Krise-AfD-vom-Virus-kalt-erwischt,corona1428.html
[5] https://idw-online.de/de/attachmentdata85376
[6] https://www.deutschlandfunk.de/studie-zur-querdenker-bewegung-kommt-zum-teil-von-links-100.html
[7] http://nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27905
[8] https://peaceappeal21.de/
[9] Reinhard Frankl, Rainer Roth, Tobias Weißert: Die Schocksstrategie geht weiter. Zu Behauptungen, die die Lockdown-Politik rechtfertigen. Zweite Streifschrift zur Sache, Frankfurt 2021, S. 21ff., diese Streitschrift enthält viele weitere Angaben und Belege
[10] https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2020-07-09-neue-hunger-epizentren-covid-19-mehr-menschen-koennten
Zum Autor
Tobias Weißert ist ehemaliger Lehrer in der Erwachsenenbildung, langjähriger Gewerkschafter, Betriebsrat und Mitglied von Klartext e V. Er arbeitet mit im Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhn. Gemeinsam mit Reinhard Frankl und Rainer Roth verfasste er zwei Broschüren gegen die Corona-Politik.