Das „Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne“ hat ein Flugblatt zu Inflation und Entlastungen (pdf-download) herausgegeben:
Inflation ausgleichen statt nur „Entlastungen“ gewähren!
„You’ll never walk alone“ – wir lassen niemanden allein.
Das verspricht Kanzler Scholz immer wieder.
Zu viel Selbstlob! Denn alle „sozialen Abfederungen“ verhindern nicht die reale Senkung von Durchschnittslöhnen, Mindestlöhnen und Hartz-IV Leistungen in Folge der Teuerung durch Inflation.
Die Inflationsrate betrug im September 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat offiziell 10 Prozent. Die Preise für Nahrungsmittel jedoch stiegen um 18,7 Prozent, für Energie insgesamt sogar um 43,9 Prozent (Destatis 29.09.2022). Mit diesen Preissteigerungen sinkt der Lebensstandard vor allem für Haushalte mit geringem und mittleren Einkommen, aber auch für BezieherInnen von Mindestlohn und Hartz-IV.
Niedriglohn
Alleinlebende mit niedrigem Einkommen haben mit 11 Prozent die höchste Steigerung der Lebenshaltungskosten. Bei einem Nettoentgelt von 1.600 Euro sinkt ihre jährliche Kaufkraft trotz der Entlastungspakete um 1.623 Euro. Auch Ehepaare mit 2 Kindern haben bei einer Inflationsrate von 11 Prozent und einem Nettoeinkommen von 2.600 Euro trotz Ausgleichszahlungen noch einen Jahresverlust von 2.366 Euro. (Eigene Berechnung nach IMK, Policy Brief Nr. 123, Inflationsmonitor der Hans-Boeckler-Stiftung, September 2022)
Mindestlohn
Die Inflation frisst auch den gepriesenen Mindestlohn auf. Alleinstehende, die für 12 Euro die Stunde arbeiten, haben bei 38,5 Stunden wöchentlich einen Nettolohn von 1.449 Euro. Die Teuerung von 11 Prozent senkt die Kaufkraft dieses Nettolohns um 159,40 Euro. Durch die Anhebung des Mindestlohns von 10,45 Euro auf 12 Euro brutto im Juli 2022 war er um 153 Euro netto gestiegen. Die Inflation hat trotz preislicher Entlastungen und staatlicher Hilfszahlungen im Wert von monatlich 40,50 Euro davon nur 34,10 Euro übrig gelassen. (Eigene Berechnung nach IMK, Pressedienst, 16.08.2022, S.6) 2023 wird der Zuwachs ganz aufgefressen. Allein um die Kaufkraft des Mindestlohns von 12 Euro für Ende 2023 wieder herzustellen, wäre eine Anhebung auf 14 Euro notwendig.
Hartz-IV
Alleinstehende BezieherInnen von Hartz-IV verlieren bei einer Teuerung von 119 Prozent 50 Euro im Monat. Im Jahr 600 Euro. Dem stehen preisliche Entlastungen und Transfers von 266 entgegen. Der Jahresverlust beträgt 334 Euro.
Für Ehepaare mit zwei Kindern beträgt der Jahresverlust sogar 1.038 Euro.
Damit stehen Hartz-IV-BezieherInnen bezüglich der Einkommenseinbußen relativ besser da als Erwerbspersonen der unteren bis mittleren Lohngruppen. Das liegt daran, dass ihre Heizkosten selbst bei gigantischen Erhöhungen von den Jobcentern bezahlt werden. BezieherInnen von Niedriglöhnen dagegen müssen sie selber tragen, wenn sie keinen Hartz-IV-Anspruch haben oder diesen nicht geltend machen.
Bürgergeld ab 2023 – das neue Hartz-IV
Das Bürgergeld soll ab Januar 2023 für Alleinstehende 502 Euro plus Warmmiete statt jetzt 449 betragen. Die Teuerungsverluste aus den Jahren 2021/2022 betragen jetzt 63 Euro. Die Erhöhung um 53 Euro liegt unter dem Kaufkraftverlust der beiden Vorjahre und die Verluste werden nicht ausgeglichen. Auch 2023 werden die Preise für Lebensmittel und Energie weiter deutlich steigen. Die Deutsche Bundesbank rechnet mit einer weiteren Steigerung der Inflationsrate. Die Erhöhung für 2023 um 53 Euro wird von der Teuerung schnell aufgefressen. Das als Abschied von Hartz-IV gepriesene Bürgergeld erweist sich finanziell als direkte Fortsetzung von Hartz-IV und damit als Etikettenschwindel. Allein um die Einkommensverluste aus 2021 und 2022 auszugleichen und die für 2023 abzuwenden, wäre eine Erhöhung des Bürgergelds für Alleinstehende etwa um 100 Euro erforderlich. Der Paritätische Gesamtverband fordert schon länger als ausreichenden und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichenden Regelsatz 678 Euro. Darin sind die Kosten für eine gesunde Ernährung wie schon bei Hartz-IV noch nicht einmal enthalten. Für Alleinstehende sind nur 5,80 Euro pro Tag für Ernährung, Getränke vorgesehen. Damit ist nur Mangelernährung möglich. Eine Erhöhung auf insgesamt mindestens 700 Euro wäre dringend erforderlich.
Inflation – Warum?
Hauptgrund für die Inflation ist die unglaubliche Erhöhung der Geldmenge als Folge von Billig-Krediten, mit denen Unternehmen, Finanzgesellschaften, Staat und Privatleute die Wirtschaftskrise ab 2019 abfederten. Von 2019 bis Ende 2021 stieg die Geldmenge in der Euro-Zone um 2.499 Milliarden Euro auf 15.483 Milliarden Euro. Das Bruttoinlandsprodukt, also die Summe der in der Eurozone verkauften Waren, stieg im gleichen Zeitraum nur um 280 Mrd. Euro. Der Geldüberhang treibt die Preise.
Auch die in den Jahren 2020 und 2021 um 368 Mrd. Euro gestiegene Staatsverschuldung Deutschlands wurde mit der Druckerpresse finanziert. Die Pandemie-Maßnahmen verschlangen 53 Mrd. Euro, die Hilfspakete für die Wirtschaft weitere 130 Mrd., das noch nicht existierende „Sondervermögen“ der Bundeswehr erfordert 100 Mrd. und die jährliche Aufstockung des Haushalts für Verteidigung weitere 30 Mrd. Euro. 2022 türmt sich der Schuldenberg weiter auf.
Die Inflation senkt den Lebensstandard vor allem der einfachen Bürgerinnen und Bürger Sie sollen den Gürtel enger schnallen, sie sollen sparen und frieren, um die gewaltigen Schuldenberge zu bedienen. Das lehnen wir ab.
Allein um den gegenwärtigen Lebensstandard gegen die Inflation zu verteidigen
wären folgende Punkte notwendig:
- Lohnerhöhungen mit Inflationsausgleich
- Mindestlöhne von 14 Euro brutto
- Regelsätze für Alleinstehende von 700 Euro plus Warmmiete
- Gesetzliche Renten mit Inflationsausgleich
- Steuererhöhungen auf große Gewinne und Einkommen!
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