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Tätigkeitsbericht des Vorstandes für die MV vom 8. Juli 2012

500 Euro Eckregelsatz / zehn Euro gesetzlicher Mindestlohn (lohnsteuerfrei)

Die Plattform des Bündnisses 500/10, zu dessen Gründern Mitte 2009 u.a. auch Klartext gehört, ist von über 180 Organisationen, Organisationsgliederungen und Initiativen unterzeichnet worden. Etwa 16.000 Unterschriften wurden bisher für diese beiden Forderungen gesammelt und insgesamt bis heute 126.000 kostenlose Flugblätter zentral ausgegeben.
Der Kampagnenrat des Bündnisses verlagerte ab Mai 2011 den Schwerpunkt von der Eckregelsatz-Forderung auf die Forderung nach zehn Euro gesetzlichem Mindestlohn (lohnsteuerfrei). Am 23. bzw. 25. Juli 2011 fand dazu ein Aktionstag in etwa 60 Städten und Gemeinden statt. Erwerbsloseninitiativen, Montagsdemonstrationen, Kreisverbände der der Linkspartei, aber auch Gliederungen von Attac und Einzelpersonen waren beteiligt. Die neu entwickelten kostenlosen Materialien (Mindestlohnflugblatt, Transparent, Aufkleber) fanden weite Verbreitung. Allein ab Mai 2011 wurden 50.000 Flugblätter zentral bestellt sowie 45 Transparente und Tausende von Aufklebern. Ohne die Finanzierung dieser Materialien durch Klartext e.V. wäre das in diesem Umfang nicht möglich gewesen.
Ende Oktober 2011 stellte der Kampagnenrat allen Bundestagsabgeordneten außer denen der Linkspartei die Fragen, warum sie gegen einen gesetzlichen Mindestlohn sind, der bei Alleinstehenden deutlich über dem durchschnittlichen Hartz-IV-Niveau liegt, warum sie für ein Lohnniveau eintreten, mit dem Millionen Menschen ihre Kinder nicht unterhalten können und warum sie für die gegenwärtige drastische Besteuerung des Existenzminimums von Erwerbstätigen sind. Alle Parteien außer der CSU reagierten. Merkel (CDU) sorgte sich z.B. um die Gefährdung der Tarifautonomie durch gesetzliche Mindestlöhne, befürwortet aber die Abschaffung der Tarifautonomie für grundgesetzlich erlaubte Berufsgewerkschaften. Lindner (FDP) lehnte Eingriffe des Staates ab, befürwortet aber massive staatliche Eingriffe in die Lohnfindung über das Bürgergeld. Andere sahen das Existenzminimum mit 4,50 Std. brutto gewährleistet.
Der Kampagnenrat kritisierte auch die Linkspartei, weil sie den gesetzlichen Mindestlohn per Parteitagsbeschluss auf 60 Prozent des nationalen Durchschnittslohns festgesetzt hat. Sie untergräbt damit die Zehn-Euro-Forderung, die sich ja nicht am Arbeitsmarkt und seinen Löhnen, sondern am Existenzminimum eines Vollzeitbeschäftigten orientiert. Zu allem Näheres auf www.mindestlohn-10-euro.de. Klartext e.V. hat dazu beigetragen, dass der Druck auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und die Erhöhung der Forderung auf zehn Euro gestiegen ist. Die Kampagne ist jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Für Anfang Oktober 2012 ist ein Aktionstag geplant.

Gesetzlicher Mindestlohn = gerechter Lohn?
Unter dem Titel "Gerechtigkeit - ist das nicht ungerecht?" hat Rainer Roth im Februar 2012 eine kritische Broschüre vorgelegt. Können ein Mindestlohn von zehn Euro, die Besteuerung eines Lohns ab 750 Euro brutto mtl. oder ein Körperschaftsteuersatz von 25% gerecht sein? Die Broschüre weist nach, dass es das kapitalistische Wirtschaftssystem massiv beschönigt, wenn Beträge als gerecht bezeichnet werden, die die notwendigen Unterhaltungskosten der Ware Arbeitskraft nicht decken bzw. die Nettogewinne der Aktiengesellschaften zu Lasten der Staatseinnahmen steigern. Der Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro ist zweifellos eine gerechte Sache. Gesetzliche Mindestlöhne jedoch, selbst wenn sie die Unterhaltskosten decken würden, können nicht als gerecht bezeichnet. Das würde bedeuten, die private Aneignung unbezahlter Arbeit und die gegenwärtigen Eigentumsverhältnisse selbst für gerecht zu erklären. Maßstab für die Beurteilung der Verhältnisse sollte nicht der unendlich dehnbare Begriff "Gerechtigkeit" sein, sondern die nüchterne Analyse der Logik der Kapitalverwertung. Die Broschüre wurde vom Rhein-Main-Bündnis gegen Sozialabbau und Billiglöhne herausgegeben.

Finanz- und Wirtschaftskrise
Das am 31. Januar 2009 gegründete Bündnis 31. Januar, das auch von Klartext unterstützt wird, ist sich einig in der Analyse, dass nicht die persönliche Gier und Maßlosigkeit einiger "Casino-Kapitalisten" sowie eine "falsche (neoliberale) Politik" die letzte Ursache der Wirtschafts- und Finanzkrise(n) sind, sondern die kapitalistische Produktionsweise mit ihrem konkurrenzgetriebenen Zwang zum Maximalprofit. Das Bündnis traf sich zuletzt Ende Oktober 2011. Im Berichtszeitraum wurden zwei Flugblätter herausgegeben, die auch von Klartext e.V. unterzeichnet wurden. Das Bündnis spricht sich gegen Rettungsschirme und für die Streichung der Staatsschulden Griechenlands aus. Es führt die gegenwärtige Staatsschuldenkrise auf die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 und die ungleichmäßige Entwicklung der Länder der Eurozone zurück, nicht auf Spekulation und zockende Banken. Das aktuelle Flugblatt wurde mit einigen tausend Exemplaren an den Aktionstagen vom 16. bis 19. Mai verteilt. Unter dem Motto "Wer hat den Schärm uns uffgebunne. Die Schuldenflut steigt doch von unne!" nahm Klartext am 25. Februar 2012 am Faschingsumzug in Klaa-Paris (Frankfurt-Heddernheim) teil. Acht von uns gingen unter einer blauen Plane, die die Schuldenflut symbolisierte. Ihnen stand das Wasser bis zum Hals. Sie wurden bedroht von Haifischen, deren Flossen aus der Flut herausragten (mit den Symbolen der Deutschen Bank, der Commerzbank und der Allianz). Um sich vor der Schuldenflut zu retten, hatte jeder einen Rettungsschirm auf dem Kopf, bestückt mit Eurozeichen. Unser Wagen war mit dem Transparent geschmückt "Ackermann- Reisen: Mit Ihrem Geld unterwegs!" Von Reinhard Frankl umgetextete Ohrwürmer beschallten die Zuschauer und uns: "Wann bei Capri die Euro-Sonne im Meer versinkt" und "Ein Schirm wird kommen". Unsere Nummer wurde sehr gut aufgenommen.
Alle Akw sofort stilllegen! Der Kernschmelze keine Chance! Vorrang für Kraft-Wärme-Kopplung ! Als Ergebnis des Wochenendes Juli 2011 in Rauenthal haben Rainer Roth und Jens Wernicke in Zusammenarbeit mit vier weiteren Mitgliedern eine Broschüre geschrieben. Sie tritt für die sofortige Stilllegung aller AKW und den Vorrang der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ein, d.h. für die dezentrale Nutzung von Energieträgern und die gleichzeitige Nutzung der Energie für die Produktion von Strom und Wärme. Die Broschüre arbeitet heraus, wie die Logik der Kapitalverwertung sowohl der "Energiewende" (Förderung erneuerbarer Energien) als auch der KWK starke Grenzen setzt. Die Broschüre kritisiert, dass erneuerbare Energien (v.a. Wind. und Sonnenenergie) mehr und mehr in Großkraftwerken eingesetzt werden, auch mit Unterstützung von Stadtwerken und Umweltverbänden. Sie analysiert kritisch die Rolle der kommunalen Stadtwerke, unterstützt jedoch die Forderung nach Kommunalisierung der Energieversorgung, weil Stadtwerke eher als Energiemultis KWK und dezentrale Energien anwenden. Unser Standpunkt, dass KWK als effizienteste Technik Vorrang haben muss, wird jedoch gegenwärtig kaum vertreten.
Die Nachdenkseiten haben einige Kapitel der Broschüre veröffentlicht; www. ContrAtom , die Hessische Lehrerzeitung, labournet und www.leben-ohne-atomkraft.de haben auf die Broschüre hingewiesen. Ein Leser schrieb: "Auf solch eine Streitschrift habe ich schon lange gewartet. Werde kräftig die Werbetrommel rühren!" Die Verbreitung der Broschüre hält sich allerdings stark in Grenzen (bisher rund 500). Klartext hat auch ein Flugblatt herausgebracht, das in Kurzform die Thesen der Broschüre vorstellt.
Institut für Innovative Politik (IP) unter Leitung von Prof. Dr. D. Dummbeutel
Das am Aschermittwoch 2010 vom Erwerbslosen Forum Deutschland und Klartext e.V. gegründete Institut für Innovative Politik (IP) hat weitere innovative Vorschläge erarbeitet. Prof. Dr. Dieter Dummbeutel forderte, einen gesetzlichen Mindestlohn etwa in Höhe des gegenwärtigen steuerfreien Existenzminimums einzuführen, d.h. in Höhe von fünf Euro. Das würde die aufgeregten Finanzmärkte beruhigen. Aus demselben Grund forderte er Lohnsenkungen, um die Lebenserwartung zu verkürzen und damit die Rentenfinanzen positiv zu beeinflussen. Untersuchungen hatten ergeben, dass die Rentenbezugsdauer von männlichen 65-Jährigen sinkt, die unter 75 % des Durchschnittslohns verdienen.

Website, Mitglieder
Von Mai 2011 bis April 2012 waren auf unserer Website 15.670 Sessions im Monat zu verzeichnen (etwas über 500 pro Tag). Sie lagen niedriger als 2010 (rd. 700 pro Tag), aber dreimal höher als 2008/2009. Im Berichtszeitraum haben wir drei Newsletter verschickt. 412 Personen bekommen ihn.
Von Anfang Mai 2011 bis Mai 2012 haben wir drei neue Mitglieder gewonnen und sieben verloren, die trotz Mahnung längere Zeit keinen Beitrag gezahlt haben oder ausgetreten sind. Wir haben z.Zt. noch 99 Mitglieder. Wir brauchen zahlende Mitglieder, um die Kosten der von uns unterstützten Kampagnen auch in Zukunft tragen zu können. Die Arbeit von Klartext wird nach wie vor geschätzt. Jemand schrieb uns: "Vielen Dank für Ihre hervorragenden Informationen".

In diesem Sinne Reinhard Frankl, Rainer Roth, Susanne Schilling Mai 2012

 
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Stand:11. Oktober 2017