Neues Flugblatt des Rhein-Main-Bündnisses
Bedroht der russische Imperialimus wirklich Europa?
Es wird behauptet, territoriale Zugeständnisse würden dazu führen, dass Russland als nächstes die baltischen Staaten, Polen und am Ende auch Deutschland militärisch angreife. „Ein Aufgeben der Ukraine bedeutet … die Ermutigung Putins zum nächsten Krieg“.1 Russland wolle den sowjetischen Einflussbereich der 1950er Jahre in Europa militärisch wiederherstellen. Die Verteidigung des Territoriums der Ukraine diene der Freiheit Europas insgesamt. Denn Putin sei der Hitler von heute. Die Lehre aus der Geschichte sei, ihm gegenüber keine Politik von territorialen Zugeständnissen zu betreiben wie England und Frankreich 1938 gegenüber Hitler,2 sondern eine breite Allianz zur Vernichtung des neuen Hitler zu schmieden.
Es stimmt, dass Putin ein großrussischer Ultranationalist ist und die imperialistischen Interessen der russischen Oligarchie vertritt. Er spricht dem ukrainischen Volk das Selbstbestimmungsrecht in Form der staatlichen Trennung von Russland ab. Er hält die frühere Politik der Sowjetunion, die das Recht auf nationale Loslösung betonte, für falsch.
Das bedeutet jedoch noch nicht, dass Russland die Ukraine ganz erobern und annektieren wollte. Dazu wären Hunderttausende russische Soldaten mehr notwendig als jetzt eingesetzt werden. Jeder Überfall Russlands auf einen NATO-Staat würde in der NATO den Bündnisfall auslösen. Das ökonomische und militärische Potential der 32 NATO-Staaten aber ist dem Potential Russlands um ein Vielfaches überlegen.
Das alles sollte die russische Politik einfach ignorieren? Das mag glauben, wer sich selbst für rational, den andern aber für irrational, sich selbst für durchweg gut, den andern aber für abgrundtief böse hält. Einer nüchternen Sicht auf die realen Interessen und Verhältnisse entspricht das jedenfalls nicht.
Umgekehrt erkennen die ukrainische Regierung und ihre Unterstützer nur das Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volkes an, nicht aber das der ethnischen Russen im Donbass und auf der Krim. Für sie hatte Kiew ab 2014 nicht einmal eine relative Autonomie auf dem Boden der Ukraine vorgesehen.
In welcher Form ist ein Zusammenleben gegeneinander aufgehetzter Völker auf dem ehemaligen Boden der Ukraine überhaupt noch möglich?
Warum wird Panik vor einem russischen Überfall erzeugt?
Auch Deutschland und die EU als Ganzes sind imperialistische kapitalistische Mächte mit Weltmachtinteressen. Der Krieg dient ihnen dazu, die Ukraine unter ihre Kontrolle zu bekommen. Mehr noch aber geht es darum, den russischen Imperialismus militärisch so entscheidend zu schlagen, dass die russischen Oligarchen Putin und seine Regierung stürzen und sich nach Westen orientieren. Damit könnte auch die deutsche Wirtschaft ungehinderten politischen und ökonomischen Zugang zu Russlands Markt und seinen Bodenschätzen erhalten. Der alte Traum des deutschen Kapitals von der ökonomischen Durchdringung des Ostens könnte so an der Seite von EU und NATO Wirklichkeit werden.3
Eine Niederlage der Ukraine muss unbedingt verhindert werden, wenn dieser Traum nicht platzen soll. Dem dienen alle Mittel: Panzer, ferngelenkte Raketen und zuletzt auch Bodentruppen. Die militärische Logik ist Eskalation und ein langer Krieg, in den zuletzt auch Deutschland eingreifen müsste. Dazu soll die deutsche Gesellschaft und Wirtschaft kriegsfähig gemacht werden. Riesige finanzielle Mittel sind dazu erforderlich, zumal die USA sich weiter zurück ziehen werden. Das 100 Milliarden Aufrüstungsprogramm könnte nur der Anfang sein. Aus Kreisen der Bundeswehr werden schon 300 Mrd. gefordert. Um diese riesige „Kriegsertüchtigung“ umzusetzen, muss das Märchen von der russischen Bedrohung Deutschlands verbreitet und geglaubt werden.
Opfer bringen, um Russland zu erobern?
Die Opfer, die die Bevölkerung Deutschlands dafür bringen müsste, wären gigantisch. Es droht eine langfristige deutliche Senkung des Lebensstandards von vielen Millionen Menschen nach dem Motto Kanonen statt Butter. Die Kriegskosten und die Umweltschäden, die der Krieg selbst verursacht, machen alle Klimaziele zunichte. Die Erderwärmung würde weiter steigen. Der Wiederaufbau der zerstörten Ukraine wird jetzt schon in den Haushalt der EU und damit auch Deutschlands tiefe Löcher reißen. Wer soll für sie aufkommen? Natürlich vor allem die abhängig Beschäftigten bei uns und in allen betroffenen Ländern.
Keine weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine!
Für sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen!
Gegen Aufrüstung und Militarisierung!
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1) Thomas Holl, Niemals aufgeben, FAZ 11.03.2024
2) ebda.
3) dieser Absatz wurde gemäß einer dankenswerten Kritik geändert
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V.i.S.d.P.: Michael Köster, 60325 Frankfurt; Stand 20.03.2024
Das RMB trifft sich jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat. Nachfrage über mkoester@web.de
Nachdruck und weitere Verbreitung erwünscht!
Weitere Beiträge (Flugblätter) zum Ukrainekrieg und seinen sozialen Auswirkungen s. www.klartext-info.de (Schlagwort „Ukrainekrieg)
Literaturhinweis zum Thema: Warum ein Ende des Ukraine-Krieges nicht in Sicht ist