Das wirtschaftlich stärkste und reichste Land Europas glänzt durch niedrigste Renten.
Das war eine Erkenntnis aus dem Vortrag, den Tobias Weißert vom Verein „Klartext“ am 6. September im Bahnhof Langendreer hielt. Wie es dazu kam, dass die Renten auf ein so niedriges Niveau gesunken sind und welche Interessen durch diese niedrigen Renten bedient werden, das wurde ebenfalls sehr deutlich. Der Vortrag war ein Streifzug durch die Rentenreformen seit 1957, als erstmals in Deutschland eine Rente eingeführt wurde, die kein „Zubrot“ für die Versorgung durch die Familie war. Über etliche Jahre wurde der Lebensstandard von abhängig Erwerbstätigen im Alter weitgehend gesichert. Mit jeder Rentenreform nach der großen Weltwirtschaftskrise 1974/1975 wurde der Anspruch, den während der Berufstätigkeit erreichten Lebensstandard im Alter zu sichern, ein Stück weiter demontiert. Das Rentensystem wurde und wird dem Prinzip der Beitragsbegrenzung für Arbeitgeber untergeordnet.
Immer mehr Menschen droht Altersarmut, der sie nunmehr durch „private Vorsorge“ begegnen sollen. Tobias Weißert machte auch überzeugend klar, was das für ein „Vorschlag“ ist, in einer Zeit, in der Erwerbsarbeit zu Mindestlöhnen, Teilzeitarbeit und Minijobs als „Beschäftigungswunder“ gefeiert werden.
Ein Blick über die Grenzen in die Nachbarländer machte auch deutlich, dass so extrem niedrige Renten – wie in Deutschland – in einem reichen Land kein „schicksalhaftes Naturereignis“ sind.
Dahinter verbirgt sich die Durchsetzung handfester wirtschaftlicher Interessen, gegen die es sich zu wehren gilt und gegen die man sich wehren kann.
Als Wermutstropfen zu der gelungenen Veranstaltung, zu der Verein „Klartext“ und die „Soziale Liste Bochum“ eingeladen hatten, muss leider vermerkt werden, dass diejenigen, die am meisten unter den Reformen des Rentensystems in Deutschland leiden werden, die jungen Menschen von heute, praktisch nicht anwesend waren.
Irmgard Schaffrin und Klaus Neuwirth (Klartext e.V.)